Andreas Keil – Kleinode der Malerei

Andreas Keil schafft gegen­stands­freie Malerei, die ganz dem Erlebnis von Farbe und Licht verpflichtet ist. Bewusst wählt er für seine Tafel­bilder das Klein­format, da es konzen­triert und verdichtet – eine Art Nukleus, der alle essen­ti­ellen Infor­ma­tionen in sich trägt und eine intime Betrach­tungs­weise ermög­licht.

Von Anfang seiner künst­le­ri­schen Arbeit an dienten nicht tradi­tio­nelle Maler­lein­wände, sondern MDF- oder Multiplex-Platten als Grund für die Bilder. Es ist die Härte – das “Bestehen“ des Trägers beim Malpro­zess – die er präfe­riert. Er schätzt die vorhan­dene Kante eines festen Malgrundes – ebenso wie die Veror­tung in der Tradi­tion der Tafel­ma­lerei.

Zu seinem bevor­zugten Material sind Fundstücke aus der urbanen Umgebung geworden. Es sind Abfall­pro­dukte wie Holzstücke, Span- oder Schicht­platten, die Keil bei Streif­zügen in Köln und Umgebung auffallen. Sie gleichen unerkannten Edelsteinen, deren Wert und Schön­heit aktiv erschlossen werden will. Im Atelier betrachtet Keil die Fundstücke lange, denkt darüber nach, welchen Farbton, welche Verdün­nung der Ölfarbe und welche maleri­sche Technik jeweils erfor­der­lich ist, um dem Charakter des Objekts gerecht zu werden: Es können allein zwei lasie­rende Lagen von Cadmi­um­gelb oder “Ruby Red“, einem aufschei­nenden Pink, sein, oder unzäh­lige Schichten unter­schied­li­cher Farbtöne, die auf dem Träger­ma­te­rial aufge­bracht werden und an den Kanten der erhabenen Bildob­jekte mitunter in ihrem Aufbau ablesbar sind – wie Perlmutt­schichten, die in einem zeitin­ten­siven Prozess eine Perle formen. Im langsamen Vorgang entsteht somit etwas Wertvolles, ohne jemals die Natur nachahmen zu wollen. Es ist vielmehr jener Prozess des Hervor­wach­sens, der Entste­hung von Wertvollem und Schönen, der die Assozia­tion zum Wachsen einer Perle oder in umgekehrter Form zum Polieren eines Edelsteins aufrufen mag. Es ist kein Abbilden der Natur – es ist eine Verbin­dung von Vorhan­denem mit der Inter­ak­tion des Künst­lers, seiner Vorstel­lungs­kraft und maleri­schen Versiert­heit.

Dennoch ist eine Verbin­dung zur Natur gegeben. Andreas Keil wünscht sich für die Rezep­tion seiner Gemälde und seriellen Papier­ar­beiten idealer­weise natür­li­ches Licht, möglichst mit Licht­wech­seln über den Tag verteilt. Natür­li­ches Licht ruft auf den spezi­ellen Oberflä­chen­struk­turen der Arbeiten unter­schied­lichste Varianten des Wider­scheins hervor, bei manchen Werken lässt die Dämme­rung die Farben aufleben. So ist es nicht verwun­der­lich, dass der Brühler Kunst­verein mit seinem schönen, zu einem Garten geöff­neten Ausstel­lungs­raum ein Wunschort für die Erfah­rung der Arbeiten von Andreas Keil ist.

Die Nähe von Kunst und Natur wird vom Künstler prakti­ziert: Seit 2013 kuratiert er im Kunst­raum K634 in seinem Kölner Schre­ber­garten mehrere Ausstel­lungen pro Jahr, mit einem Fokus auf die Präsenz von Malerei. Der Ausstel­lungs­raum in der Laube mit seiner konzen­trierten Größe von 4,5 qm ist umrankt von der ungeahnten Pracht eines Stadt-gartens.

Andreas Keils Malerei kann durchaus als radikale Malerei betrachtet werden – beides umfasst eine selbst­re­fe­ren­zi­elle Kunst, die sich mit Themen ihrer inhärenten maleri­schen Eigen­schaften befasst, insbe­son­dere mit der “Sensa­tion“ der Farbe, aber auch mit Bildträger, Oberfläche und Struktur in ihrer Wechsel­wir­kung. Sie ermög­li­chen es den Rezipient_innen, das Bild mit seinen unabhängig wahrge­nom­menen Farb- und Licht­werten sinnlich zu erleben, was durch eine Maltechnik in subtilen Beschich­tungs­me­thoden einzig­artig erreicht wird. Zudem besitzen die Tafel­ge­mälde als Bildob­jekte, die bei aller Veror­tung im maleri­schen Diskurs auch Frage­stel­lungen der Skulptur oder des Reliefs aufrufen, starke Bezüge zum Räumli­chen, sowohl werkim­ma­nent als auch zum umgebenden Ausstel­lungs­raum.

Das Werk von Andreas Keil, der raumgrei­fende Erkun­dungen der Malerei betreibt, wohlwis­send um die Tradi­tion derselben, kann auch als Metapher für die Suche nach der unerkannten Schön­heit stehen. Es ist der kontrol­lierte Zufall bei der Inter­ak­tion seiner Malerei mit dem Träger­ob­jekt, der diese Schön­heit zu Tage bringt.

Elke Kania