Die Ausstellung And in the disparate clamour of the chaos that surrounds you it's hard to know which of the voices that you hear are your own von Jan Erbelding und Hannes Heinrich zeigt zwei Positionen, die auf formaler Ebene fast nicht unterschiedlicher sein könnten. Jedoch verbindet die beiden Künstler ein anhaltendes Gespräch über die Bedeutung von Kunst und die Verortung der eigenen Praxis darin.

Jan Erbelding arbeitet vorwiegend mit Text und Sprache. Die Darstellungsformen sind dabei vielfältig: von gedruckten Zines (abgeleitet von Fanzine, einer von Fans für Fans hergestellten Zeitschrift), Performances oder Lesungen, bis hin zu Soundinstallationen. Häufig wird er in seinen Werken zum selbstbetitelten Fanboy, der sich in seinen Textcollagen in einen Diskurs mit historischen Figuren begibt. Die eigene Gedankenwelt aus Sehnsüchten, Ängsten und existenziellen Fragen tritt in einen lebhaften Dialog mit Persönlichkeiten wie Gustav Landauer oder Simone Weil. Ein Text-Webwerk entsteht, indem gleichwertig private und politische Themen sowie utopische Theorien verhandelt werden. Die Unmittelbarkeit, aber auch der fragmentarische Charakter der Texte, werfen komplexe Fragen über Identität und Gesellschaft auf. Zunächst diametral im Vorgehen erscheinen Erbeldings very specific objects: Diese skulpturalen ortsspezifischen Displays dienen oft der Präsentation seiner Schriften und zeichnen sich durch ihre organischen Formen aus. Insbesondere ihr schneller und unvermittelter Entstehungsprozess sind den Gedankengängen der Texte ähnlich – direkt und persönlich.

Hannes Heinrichs malerische Werke sind in ihrer Flüchtigkeit der einer Polaroidfotografie sehr ähnlich. Sobald der Künstler einen zeichnerischen Abdruck eines Körpers mit Kohle und einer ungrundierten Leinwand angefertigt hat, ist ein Eingreifen in diese Bildebene beinahe unmöglich. Mit der anschließenden Grundierung und dem Aufspannen fixiert sich die künstlerische Geste. Es handelt sich um einen unwiederbringlichen, nicht wiederholbaren Vorgang, der den ephemeren unkontrollierbaren Moment zwischen Sein und Vergehen thematisiert; genau diesen Augenblick, den Roland Barthes in Die helle Kammer als »punctum« in der Fotografie bezeichnet. Heinrichs künstlerische Geste dekonstruiert den Körper und setzt ihn neu zusammen. Obwohl sich dieser in den Stoff einschreibt, können wir ihn mit unseren Augen lediglich ertasten, ohne ihn vollständig greifen zu können. Ein starkes Spannungsverhältnis zwischen Gezeigtem und Sehendem wird deutlich: Der in die Leinwand eingeschriebene Körper wird objektiviert und offenbart, wie subjektivierend unser eigener Blick ist. Uns bleibt nur die Reflexion darüber, was sichtbar ist und was im Verborgenen bleibt.

Text: Yvonne Scheja
Installationsansichten: Mareike Tocha

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