In Zeiten, in denen Kunst- und Kulturbetriebe pandemiebedingt nicht öffnen können, sieht es für Kunstschaffende, die vor allem auf der Bühne arbeiten, leer aus. Was bleibt, ist den öffentlichen Raum als Bühne zu nutzen.
Genau das hat Peformerin Lenah Flaig in den vergangenen Monaten getan und sich dabei aufgenommen. Die Kölner Künstlerin hat sich selbst an verschiedensten Orten gefilmt - bewegend in maximaler Zeitlupe, während sich die Welt um sie herum in normaler Geschwindigkeit weiterdreht. Schauplätze sind sowohl große öffentliche Plätze als auch kleine private Wohnungen im Lockdown, stillgelegte Einrichtungen wie Cafés oder Turnhallen, leere Ladenlokale und Kulturbetriebe.
Entstanden sind so 60 einstündige Videos, in denen sich die Kamera wie der Minutenzeiger einer Uhr jeweils um 360° dreht.
Gezeigt werden die Videos in der Ausstellung allerdings 60 mal schneller; so werden aus den Stunden Minuten. Ein surreales Bild entsteht. Mit technischen sowie physischen Mitteln wird die Zeitwahrnehmung verzerrt. Zwar nehmen die langsamen Bewegungen der Performerin nun eine normale Geschwindigkeit an, die Welt um sie herum scheint jetzt aber zu rasen und es schwingt eine unnatürliche Verfremdung mit.
Die Betrachter*innen werden mit Betreten des Kunsthafens außerdem selbst Teil des Projektes. Die Künstlerin bewegt sich in Zeitlupe durch die Ausstellung, während ein weiteres 360°-Video entsteht. Das Verhältnis von Live-Erlebnis und Aufzeichnung wird kritisch hinterfragt und bezieht sich auch auf die Aktualität der Kunstkonsumierung. Was passiert, wenn eine Stunde nur 60 Sekunden dauern würde? Wie unterschiedlich kann Zeit wahrgenommen werden?
Das Kunstprojekt versucht, den Stillstand der Kultur, sowie das Zähe und Langsame, mit dem sich die Pandemie fortsetzt, sichtbar zu machen. Auf der anderen Seite ist es aber auch ein "dem Stillstand Trotzen" und der Versuch, irgendwie - wenn auch sehr langsam - weiter zu machen.

Ermöglicht durch das NRW Stipendium