Mouches Volantes präsentiert im Rahmen der Projektreihe WELL* am Ebertplatz:

Kras û fistan - Der Stoff

von Havin Al‑Sindy

Zwischen Tradition, politischem Aktivismus und Wissenschaft: Eine Recherchearbeit über fast in Vergesssenheit geratene Halay-Gruppentänze in der kurdischen Kultur zwischen Feiern, Trauern und Guerilliakriegstaktik.

Die Arbeit “Der Stoff / Karas û fstan“ als eine Mehrkanalvideo Installation zeigt eine tanzende Frauengruppe, formiert in einer Linie, die Kleidung mit weißem Gips übermalt. Wie Skulpturen, die sich aus der Starre tanzen, aus dem Weiß kämpfen, aus dem Negierten bewegen, die sich aus Assoziationen befreien, in der Bewegung verwandeln und offenbaren: ein Entblößen ohne Haut zu zeigen, ihr Selbst und Sein entlarven, wenn sie ihre Karas û Fistan zeigen: sich verwundbar machen, weil die kurdische Tracht im Tanz und durch den Bruch des Gips zu sehen ist. Der Stoff schützt nicht, Der Stoff, der Schnitt der Kleider dem kurdischen Volk ein Symbol, ein Bekenntnis ihres Kurdischseins, macht sie zur Zielscheibe vieler Regime. Kunst wird politisch, wenn Politik versagt.

Havin Al‑Sindy arbeitet mit Lagen, mit Ebenen, mit Schichten, die Betrachtende zum Stillstand zwingen, während sich das Werk, in Bewegung, wandelt.Der Gips, der zu Bruch geht, zu Bruch getanzt wird, legt die Figur der Frauen frei; als würden sich die Frauen beim Tanzen selbst formen; die Künstlerin, die sie eingegipst und bei diesem Prozess ihre Bewegungsfreiheit geraubt hat, ist während der Performance nicht mehr Schöpferin ihres Werkes, das Werk verselbständigt sich im Tanz: auch dies ist eine politische Analogie.

Karosh Taha